Liebe Freunde und Mandanten,
Wir hoffen, dass es Ihnen gut geht und dass alle gesund sind. Hier einige interessante Artikel aus der Rechtswelt.
Der erste Beitrag dieser Ausgabe befasst sich mit dem „Das Fortbestehen der Haftung des Gesellschafters als Garantiegeber beim Ausscheiden aus der Gesellschaft“, der eine Reflexion darüber enthält, wie die Partner von Unternehmen handeln sollten, wenn einer von ihnen aus einer Gesellschaft ausscheidet.
In dem Artikel über das lang erwartete „Doppelbesteuerungsabkommen Brasilien-Schweiz vom brasilianischen Bundessenat genehmigt” werden einige relevante Punkte in diesem Zusammenhang hervorgehoben.
In dem Artikel „Vorläufiger Kündigungsschutz von Arbeitnehmern mit Behinderungen aufgrund der Pandemie“ weisen wir auf die erforderliche Vorsicht bei der Entlassung von Menschen mit Behinderungen in diesem Zeitraum hin.
Viel Spass bei der Lektüre! Das Team von Stüssi-Neves steht Ihnen für Rückfragen jederzeit gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Gustavo Stüssi Neves
gustavo.stussi@stussinevessp.com.br
In der geschäftlichen Praxis ist es nicht unüblich, dass ein Gläubiger verlangt, dass der bzw. die Gesellschafter persönliche Garantien für Verbindlichkeiten der Gesellschaft stellen. Zu Problem kann es dabei es in dem Moment kommen, in dem der Garantiegeber als Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet. Es stellt sich dann die Frage, ob er weiter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet.
In einer Entscheidung im Berufungsverfahren 1131703- 72.2016.8.26.0100 der 26. Kammer für Privatrecht des Oberlandesgerichts in São Paulo („TJSP”) wurde diese Frage unter Vorbehalt eines eventuellen Regressanspruchs des Garantiegebers gegen die Schuldnerin und deren aktuelle Gesellschafter im Sinne des Fortbestehens der Haftung des Gesellschafters entschieden, der für die Schuld der Gesellschaft garantiert hatte, auch nach dessen Ausscheiden aus der Gesellschaft entschieden, da in dem zu entscheidenden Fall die Garantie nicht erloschen war und die Gläubigerin der Ersetzung der Garantiegeber nicht zugestimmt hatte.
Konkret war der Gesellschaft Avalgeber für einen Mietvertrag der Gesellschaft und hatte seine Anteile an der Gesellschaft vor der Nichterfüllung des Vertrages verkauft. Beim Kauf hatten die Käufer die vollumfängliche Haftung für alle Schulden der Gesellschaft übernommen.
Eine Entlastung von der Haftung des ausscheidenden Gesellschafters als Garantiegeber ist jedoch möglich. Ideal wäre es, wenn der Vertrag mit dem Dritten, in dem die Garantie festgehalten ist, bereits die Bedingungen der Ersetzung des Gesellschafters und Garantiegebers für den Fall seines Ausscheidens regeln würde. Wird keine derartige Vereinbarung getroffen, ist dem ausscheidenden Gesellschafter und Garantiegeber zu empfehlen, sich vor einer Nichterfüllung zusammen mit der Gesellschaft mit dem Gläubiger in Verbindung zu setzen, um letzteren davon in Kenntnis zu setzen, dass der Gesellschafter und Garantiegeber aus der Gesellschaft ausscheidet und eine Ersetzung der Garantie anzubieten.
Lehnt der Gläubiger diese ab, ist es möglich, in einem Gerichtsverfahren eine Entlastung von der Haftung zu erwirken. Dafür ist der gute Glaube des Garantiegebers darzulegen und zu demonstrieren, dass der Grund für die Einräumung der Garantie nicht mehr existiert.
Lucas Maia e Thiago Stüssi Neves F. de Abreu
Anwälte der Zivilrechtsabteilung – Rio de Janeiro
lucasmaia@stussi-neves.com und thiagostussi@stussi-neves.com
Das Abkommen, das vom Ständerat und Bundesrat der Schweiz bereits im Jahre 2019 und von der Abgeordnetenkammer in Brasilien am 05.03.2020 verabschiedet worden war, ist am 24.02.2021 nun auch vom brasilianischen Bundessenat genehmigt worden und bedarf jetzt nur noch der Veröffentlichung durch eine Verordnung des Bundespräsidenten, um in Brasilien rechtliche Wirkungen zu entfalten.
In seinen 30 Artikeln regelt das Abkommen einige der wichtigsten Fragen der grenzüberschreitenden Steuerbeziehungen, beseitigt rechtliche Unsicherheiten und Verzerrungen und stimuliert den Investitionsfluss natürlicher und juristischer Personen zwischen beiden Ländern.
Wir möchten folgende Regelungen hervorheben:
a) Das Abkommen umfasst folgende brasilianische Steuern (i) Körperschaftssteuer (IRPJ); (ii) Einkommenssteuer (IRPF), und (iii) Sozialabgabe auf den Nettogewinn (CSLL) – die im Abkommen ausdrücklich vorgesehen sind und, seitens der Schweiz, die Aufnahme der Kantonssteuern.
b) Neben der Vermeidung der Doppelbesteuerung und der eventuellen Doppel-Nichtbesteuerung sowie einer allgemeinen Antimissbrauchsklausel („LoB Clause”), sind sowohl die transparenten Organisationen (Partnerships, Trusts) auch die kollektiven Investoren (Investmentfonds) Gegenstand des Abkommens.
c) Obwohl Dividenden in Brasilien momentan nicht an der Quelle besteuert werden, regelt das Abkommen die Reduzierung der Quellensteuer für an effektiv Begünstigte der Gesellschaft gezahlte Dividenden, die weniger als 10% an deren Kapital halten, auf 10%.
d) Was die Zinsen angeht, regelt das Abkommen die Reduzierung des Quellensteuersatzes auf von Banken für den Kauf von Ausrüstungen und/oder Investitionsprojekte angebotene Finanzierungen mit einer Laufzeit von mindestens 5 Jahren auf 10%.
e) Für die Zahlung von Royalties ist ebenfalls ein reduzierter Steuersatz von 10% vorgesehen, wobei jedoch solche für die Nutzung oder Nutzungsrechte von Industrie- und Handelsmarken ausgenommen sind.
f) Für technische Dienstleistungen wurde eine spezifische Definition festgelegt: Verwaltungs- und wissenschaftliche Dienstleistungen gehören nun nicht mehr zu den technischen Dienstleistungen. Der Quellensteuersatz wurde hier ebenfalls auf 10% beschränkt und liegt damit unter den Regelsteuersatz von 15%.
Das Steuerrechtsteam von Stüssi-Neves Advogados verfolgt aufmerksam die Veröffentlichung der Verordnung des Präsidenten und steht für Rückfragen zu dem Doppelbesteuerungsabkommen jederzeit gern zur Verfügung.
Arthur Stüssi Neves
Partner der Steuerabteilung – Rio de Janeiro
arthurstussi@stussi-neves.com
Ende 2019 und Anfang 2020 musste die Welt den tragischen Weg des Coronavírus Sars-Cov-2 miterleben, das Tausende von Menschen in der Stadt Wuhan in China infizierte und sich über verschiedene Provinzen Chinas schließlich in der ganzen Welt ausbreitete.
In Brasilien veröffentlichte das Gesundheitsministerium am 03. Februar 2020 den Erlass Nr. 188/2020, in dem es wegen der Infektion von Menschen durch das neue Coronavirus (2019-nCoV) den Öffentlichen Gesundheitsnotstand von nationaler Tragweite (ESPIN) erklärte. (1)
Am 06.02.2020 wurde das Gesetz Nr. 13.979/2020 mit Maßnahmen für die Bekämpfung des Öffentlichen Gesundheitsnotstand von nationaler Tragweite aufgrund des Virus verabschiedet, das später einige Änderungen erfuhr.
(1) Erlass Nr. 188 vom 03. Februar 2020, Gesundheitsministerium, abgerufen am 10.02.2021. (https://www.in.gov.br/en/web/dou/-/portaria-n-188-de-3-de- fevereiro-de-2020-241408388)
Am 11. März 2020 erklärte der Generaldirektor die Weltgesundheitsorganisation, Tedros Adhanom Ghebreyesus, die Existenz einer Pandemie aufgrund von COVID-19, was den brasilianischen Kongress dazu bewog, durch das Gesetzgebungs-Dekret Nr. 6/2020 bis zum 31. Dezember 2020 den Notstand auszurufen. Der Präsident erließ danach eine Reihe von Notverordnungen (MPs), um die Pandemie zu bekämpfen.
Eine der Notverordnungen des Präsidenten war die MP Nr. 936, die am 06. Juli 2020 in das Gesetz Nr. 14.020/2020 umgewandelt wurde, mit der das sogenannte Notprogramm zur Aufrechterhaltung von Arbeitsplätzen und Einkommen implementiert wurde. Artikel 1 regelte die ergänzenden Maßnahmen für die Bekämpfung des Öffentlichen Gesundheitsnotstandes aufgrund des Coronavirus.
Bei der Umwandlung der MP Nr. 936 in das Gesetz Nr. 14.020 wurde Artikel 17 eingefügt, der die Entlassung von Personen mit Behinderungen ohne triftigen Grund untersagte, solange der Notstand andauert. Diese Kategorie von Arbeitnehmern wurde in den Texten der erwähnten MP oder des Gesetzes Nr. 13.979/2020 und ihrer späteren Änderungen nicht gesondert behandelt.
Es ist jedoch eindeutig, dass es der gesonderten Behandlung von Personen mit Behinderungen bedarf, damit deren Schutz, ihre Integration in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt gewährleistet wird, wie vom Gesetz Nr. 8.213/91 verlangt, das die Pflicht zur Beschäftigung dieser Bevölkerung im Einklang mit einer vorgegebenen Quote vorsieht.
Die Sozialgesetze sehen im Gegensatz zu Artikel 17 des Gesetzes Nr. 10.020/2020, der diese Gruppe von Arbeitnehmern nur für die Dauer des Notstandes aufgrund der COVID-19-Pandemie schützt, eine permanente Pflicht des Arbeitgebers vor, eine bestimmte Anzahl von Menschen mit Behinderung zu beschäftigen.
Der Notstand des Gesetzgebungsdekrets Nr. 06/2020 wurde vom Nationalen Kongress jedoch nicht verlängert. Der Bundesverfassungsrichter Ricardo Lewandowski des Bundesverfassungsrichters (STF) entschied bei der Prüfung der Direkten Klage auf Verfassungswidrigkeit ADI Nr. 6.625 MC/DF, dass einige Artikel des Gesetzes Nr. 13.979/20 weitergelten, er erwähnte jedoch nicht die Bestimmung, die die Personen mit Behinderung behandelt. Angesichts dessen konnte nicht vom Kündigungsschutz für diese Kategorie von Arbeitnehmern gesprochen werden.
Auf der anderen Seite beendet das am 31.12.2020 abgelaufene Gesetzgebungsdekret Nr. 6/2020, an das das Gesetz Nr. 13.979/20 gebunden ist, leider nicht den Notstand durch das Coronavirus Sars-Cov-2, von denen die Medien täglich berichten. Im Gegenteil, Brasilien sieht sich bei der Bekämpfung von COVID-19 mit großen Schwierigkeiten konfrontiert, die zahlreiche Menschen täglich das Leben kostet und so viele andere schwer beeinträchtigt.
Auf diesen Umstand wies der Bundesverfassungsrichter Ricardo Lewandowski in der Entscheidung ADI Nr. 6.625 MC/DF hin, der es als umsichtig und ratsam ansah, die im Gesetz Nr. 13.979/2020 für die Bekämpfung der Pandemie vorgesehenen außerordentlichen Maßnahmen beizubehalten. Der STF hat sich ferner dahingehend geäußert, dass die Bundesländer die Aufrechterhaltung des öffentlichen Notstandes dekretieren können, was in Minas Gerais (Verordnung Nr. 48.102/2020), Paraná (Verordnung Nr. 6.543/2020) und Tocantins (Verordnung Nr. 6.202/2020), sowie in verschiedenen brasilianischen Gemeinden geschehen ist.
An dieser Stelle gilt es, sich einem weiteren Aspekt zu widmen. Gilt vor dem Hintergrund der Landes- und/oder der Gemeindedekrete, die den öffentlichen Notstand verlängern, der in Artikel 17 V des Gesetzes Nr. 10.020/2020 vorgesehene Kündigungsschutz von Behinderten?
Die in Art. 22, I, der Bundesverfassung von 1988 vorgesehene ausschließliche Zuständigkeit des Bundes für arbeitsrechtliche Regeln, hindert die Landes- oder Gemeindegesetzgeber an einer solchen Regelung. Im konkreten Fall existiert allerdings ein Bundesgesetz, das in den betreffenden Bundesländern und Gemeinden theoretisch angewendet werden kann, da der Notstand dort verlängert wurde.
Die Diskussion über das Thema ist noch lange nicht vorbei, klar ist jedoch, dass nach und nach Klagen auf Wiedereinstellung von behinderten Arbeitnehmern die Gerichte erreichen, die nach der Verkündung des Gesetzes Nr. 10.020/2020 entlassen wurden.
Bei der Behandlung des Themas sollte man Vorsicht walten lassen, insbesondere sollten tarifliche Normen dieses Zeitraums geprüft werden, in denen diese Angelegenheit in gleicher oder sogar in weitergehender Form behandelt wurden, als in dem hier behandelten Gesetz.
Renata Gallo Tabacchi Gava de Oliveira e Patrícia Salviano Teixeira
Anwältin des arbeitsrechtlichen Bereichs – São Paulo
renata.gallo@stussinevessp.com.br und patricia.salviano@stussinevessp.com.br
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